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Zahnzwischenraumkaries und dentinadhäsive Kompositrestaurationen von heute (Auswahl)

Röntgenbefund eines jungen Patienten. Ins Dentin fortgeschrittene Karies an Zahn 24 im Oberkiefer.

Hier ist an den beiden unteren Zähnen auch eine Initialkaries zu sehen, die aber noch nicht die Schmelz-Dentin-Grenze erreicht hat. Wir bohren an diesen Stellen nicht, sondern verstärken die Prophylaxe:

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Der Zahn sieht von außen fast gesund aus. Besonders wenn man den Röntgenbefund kennt, bemerkt man eine schwache, braune Verfärbung in der Tiefe:

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Aufgebohrt:

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Und wieder mit Komposit restauriert:

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Fluoreszenz-Laser zum Erkennen von Karies

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Auch das Aufspüren von Karies (Zahnfäule) an den Kauflächen der Zähne ist, zumindest solange keine größeren Löcher vorliegen, schwierig.

Mit Hilfe eines Laserfluoreszenz-Gerätes (DIAGNOdent pen, KaVo) kann man die Diagnostik verbessern. Der Laser ergänzt die übrigen Informationen, ist aber nicht allein entscheidend.

Die Schwellenwerte sind der nachgenannten klinischen Studie zufolge:

  • 0–12 (D0)
  • 13–25 (D1,2)
  • 26 (D3,4)
  1. Das bedeutet bei Werten von 0-12 kann man die Füße am Boden lassen.
  2. Zwischen 13-25 sollte man noch nicht bohren, aber besser vorbeugen und aufpassen.
  3. Ab einem Wert von 26 aufwärts sollte man an das Bohren und Füllen denken.

Vorausgesetzt ist ein intraorales Kallibrieren des Instrumentes an einem gesunden Höcker. Ohne diese Kallibrierung erhöhen sich die Schwellenwerte noch einmal um |3|.

Außerdem müssen die Zähne professionell gereinigt sein. Zahnstein, weiche Beläge oder Verfärbungen verfälschen die Ergebnisse.

Bei dem DIAGNOdent pen (2. Generation) sind die Werte anders, als bei dem alten, ersten DIAGNOdent-Gerät (1. Generation).

Die Autoren der Studie betonen, dass auch bei Werten über 25 nicht notwendig gebohrt werden muss:

„Finally, the involvement of dentine should not necessarily indicate immediate operative intervention. The decision to intervene is dependent upon a range of other variables, such as the patient’s case history, fluoride availability and sugar intake, as well as the perceived caries activity and the status of the enamel surface. In no case should early detection of caries be an excuse for early operative intervention, unless this is indicated by other clinical parameters.“ [1]

Referenzen:

  1. Huth et al. „Clinical performance of a new laser fluorescence device for detection of occlusal caries lesions in permanent molars.“ Journal of Dentistry (2008) vol. 36 (12) pp. 1033-40

Karies zwischen den Zähnen versteckt

Häufig entsteht Karies zwischen den Zähnen. Gefährlich ist an dieser Karies, dass sie meist übersehen wird, wenn man die Zähne nur anschaut. Auch eine starke Lupenbrille mit 5facher Vergrößerung, wie wir sie bei Kontrollen immer verwenden, hilft da kaum weiter.

Entdeckt wird die kleine und mittlere Zahnzwischenraumkaries meist erst im Röntgenbild oder mit dem diagnostischen Laser (DIAGNOdent pen 2190).

Hier ein Fall von heute

Fotos: im Mund ist eigentlich nichts zu sehen.
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Röntgen:

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Zahn aufgebohrt:

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Zahn wiederhergestellt mit dentinadhäsiver Kompositrestauration:

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Karies dicht und dauerhaft einschließen – „The seal is the deal“?

Im Gasteditorial der Deutschen Zahnärztlichen Zeitschrift vom November 2009 behandelt der Kollege Meyer-Lückel aus Kiel, die Frage, ob Karies vollständig entfernt werden muss, oder ob es besser sei, Karies teilweise oder ganz zu belassen.

Karies ist eine der häufigsten Erkrankungen weltweit, und die Kosten, die durch Karies entstehen, sind enorm.

Bisher wurden die Zahnärzte darauf gedrillt, Karies ganz zu entfernen. Ich erinnere mich noch an meine Studentenzeit, als wir von Prof. Klaiber und seinen Oberärzten angeleitet, mit Kariesdetector und Lupenbrillen bewaffnet, die vollständige Kariesentfernung üben durften.

In der praktischen zahnärztlichen Tätigkeit habe ich diese gründliche, vollständige Kariesentfernung beibehalten und sogar noch verfeinert. Die Lupenbrille wurde stärker, zeitweise verwenden wir sogar ein Mikroskop und die Instrumente sind feiner geworden. Der Kariesdetektor wird regelmäßig angewandt und das wird auch so bleiben.

Was folgt nämlich aus dem „Paradigmenwechsel“ den Kollege Meyer-Lückel beschreibt?

Zum einen ist die Überschrift mit einem Fragezeichen versehen.

Es wird angeführt, dass Karies im pulpennahen Bereich belassen werden sollte. Das würden zwei Übersichtsarbeiten zeigen [2 ,3].

Kidd [2] zeigt in seinem Artikel, dass die Diskussion darüber, wie viel kariöse Substanz entfernt werden sollte, schon alt ist:

„The discussion as to how much tissue must be removed in order to arrest the caries process is not new. In 1859, John Tomes [1859] wrote, ‘it is better that a layer of discoloured dentine should be allowed to remain for the protection of the pulp rather than run the risk of sacrificing the tooth’, but in 1908, G.V. Black [1908] disagreed claiming ‘… it will often be a question of whether or not the pulp will be exposed when all decayed dentine overlaying it is removed … it is better to expose the pulp of a tooth than to leave it covered only with softened dentine’.“

Hier haben wir zwei historische „Expertenmeinungen“. Die Ansicht von Black hat einen größeren Einfluss in der Zahnheilkunde gewonnen. Zudem hat das Belassen von pulpennaher Karies die Anmutung von unsauberem und wenig sorgfältigem Arbeiten. Wer, auch gut begründet und überlegt, pulpennah Karies belässt, setzt sich der Gefahr der Kritik durch Kollegen aus.

Was tun?

  • Mein Vorschlag wäre, an die Forschung gerichtet, große Studien zu den verschiedenen Methoden der Kariesbehandlung auf hohem Evidenzniveau durchzuführen.

Als vorläufige Empfehlung aufgrund der vorhandenen wissenschaftlichen Evidenz:

  • Pulpennahes kariöses Dentin eher belassen und die Kavität dicht adhäsiv verschließen. Das setzt die vollständige Kariesentfernung an den Kavitätenrändern voraus. Ein Vorteil wäre die größere Wahrscheinlichkeit der Vitalerhaltung der Zähne und ein minimalinvasiveres, schonenderes Vorgehen. „The seal is the deal.“
  • Versiegelung gesunder Fissuren und Grübchen unmittelbar nach Zahndurchbruch – auch: „The seal is the deal.“
  • Versiegelung initialkaröser Läsionen, bevor sie zu Löchern werden – entspricht auch dem „The seal is the deal.“

„The disparity of methodologies militates against a systematic review of the studies, but some uniform themes emerge. Sealed lesions appeared to arrest both clinically and radiographically. Investigations of the fate of the sealed bacteria showed a decrease in micro-organisms with time or their complete elimination. There was no pulpitis reported in sealed teeth. On the other hand, lesions progressed where sealants were lost and in unsealed, control teeth [2].“

  • Restaurationen mit Randspalten ersetzen – ebenfalls „The seal is the deal.“
  • Prophylaxe durch Plaquekontrolle, Fluoridierung, Ernährungslenkung und regelmäßige Kontrollen

Referenzen:

  1. Meyer-Lückel, H. (2009). „Paradigmenwechsel in der Kariologie – „The seal is the deal“?“ DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 64(11): 641-642.
  2. Kidd, E. A. M. (2004). „How ‚Clean‘ Must a Cavity Be before Restoration?“ Caries Res 38: 305-313.
  3. Ricketts DNJ, Kidd EAM, Innes N, Clarkson J. Complete or ultraconservative removal of decayed tissue in unfilled teeth. Cochrane Database of Systematic Reviews 2006, Issue 3. Art. No.: CD003808. DOI: 10.1002/14651858.CD003808.pub2